Erwartet Salzburg ein Gewitter-Sommer?

03.06.2019

Alexander Ohms (c) Land Salzburg Neumayr Leo
Alexander Ohms

Übers Wetter spricht man – bei jeder Gelegenheit – und vor allem sehr kontrovers. Erst vor wenigen Tagen kam man bei einer Veranstaltung der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik (ZAMG) wieder zur Erkenntnis: Gewitter gehören immer noch zu den am schwierigsten vorhersagbaren Wetterelementen. Meteorologe Alexander Ohms, der seit 20 Jahren bei der ZAMG genau das versucht gibt Auskunft:

Herr Ohms, wie wird das Wetter diesen Sommer?

Ohms: Das kann man so vereinfacht nicht sagen. Vorhersagen mit einer Wahrscheinlichkeit von zumindest 60 Prozent gehen bis zu acht Tage vorher, alles andere ist unseriös. Immerhin sind wir im Vergleich zu früher schon sehr weit. In den 1980er Jahren waren es noch drei bis vier Tage. Und Prognosen mit einer Wahrscheinlichkeit von unter 60 Prozent sind sinnlos. Da können Sie auch raten. Ob es ein Gewitter-Sommer wird, kann also niemand sagen.

Es hat sich also vieles getan bei den Messmethoden?

Ohms: Ja, sehr. Heute kann ich jede Minute ablesen, wie viel Regen gefallen ist. Das wird digital erfasst, die Daten sind sofort abrufbar. Früher wurde zweimal pro Tag der Kübel, der das Regenwasser auffängt, ausgeleert und gemessen. Seit den 1980er Jahren gibt es weltweit standardisierte Daten. Für zuverlässige Prognosen zum Klimawandel braucht man Wetterdaten über mindestens 30 Jahre. Das heißt, dass wir seit diesem Jahrzehnt imstande sind, seriöse Berechnungen zum Klimawandel machen zu können.

Was ist dran am Klimawandel?

Ohms: Was gesichert nachgewiesen ist, ist der Anstieg der Jahresdurchschnitts-Temperatur. Die ist in den vergangenen hundert Jahren im weltweiten Mittel um 1,2 Grad Celsius gestiegen, in Österreich sogar um zwei Grad. Durch valide Berechnungen hat man auch bestätigen können, dass etwa drei Viertel davon aufgrund des erhöhten CO2-Ausstoßes, also durch menschlichen Einfluss, verursacht wurde.

Und dass die großen Unwetterereignisse im Lauf der vergangenen Jahrzehnte zugenommen haben?

Ohms: Haben Sie nicht. Der vergangene Sommer zum Beispiel war geprägt von extremer Trockenheit. Dass es gefühlt mehr wurden, hat eher mit den neuen Medien zu tun. Früher war ein lokal begrenztes Hochwasser höchstens etwas für den Feuerwehr-Bericht. Heute ist man mit Social Media überall live dabei, wenn irgendwo ein Fluss über die Ufer tritt. Und auch die Trockenperiode im Vorjahr war nichts Neues. Im 19. Jahrhundert, in den 1860er Jahren, ist schon einmal der Neusiedler See ausgetrocknet.

Hat der Klimawandel sonst noch nachweisbare Auswirkungen?

Ohms: Ein zweiter Trend, der nachgewiesen werden konnte, ist, dass Starkniederschlags-Ereignisse heftiger werden. Seit den 1980er Jahren sind die in kurzer Zeit fallenden Regenmengen um etwa 20 Prozent angestiegen. Und drittens: Blockierende Wetterlagen werden mehr. Das heißt, dass das Wetter über längere Phasen gleichbleibt, wie eben zum Beispiel der heiße Sommer 2018. Hier gehen Berechnungen davon aus, dass der Grund in den geringer werdenden Temperatur-Unterschieden zwischen Pol und Äquator liegt. Dadurch ist die Wetterentwicklung weniger dynamisch.

Urlaub auch mal spontan planen

Falls sich der Urlaubstermin diesen Sommer nach dem Wetter richten sollte, hier der Rat des Wetterexperten: „Planen Sie Ihren Urlaub nicht nach Wetterprognosen, die Monate im Vorhinein erstellt werden. Das ist unseriös.“ Also: Seien Sie spontan!

Wissenswertes

Eine sogenannte Wetterhütte muss auf einem Mast genau zwei Meter über dem Boden installiert sein. Der weiße Anstrich und die Bauweise sind weltweit standardisiert.

Der „Regenkübel“ muss einen Meter über dem Boden angebracht sein, Windmesser und Sonnenscheinmesser jeweils zehn Meter.

Moderne Windmessgeräte sehen mittlerweile eher unspektakulär aus, da sie über Ultraschall funktionieren und ihnen die markanten „Windräder“ fehlen.

Mit der steigenden Anzahl an Satelliten-Bildern aus dem Weltraum werden Wetterberechnungen immer genauer. Dennoch sind bodengebundene Messungen unabkömmlich. Probleme bereiten dabei die „weißen Flecken“, wo das Messnetz gar nicht vorhanden oder nur sehr dünn ist, wie zum Beispiel über den Ozeanen oder über großflächigen Ländern wie Russland und Kanada. Wird etwa der Kern eines Tiefdruckgebiets in der Datenanalyse nur 20 Kilometer entfernt von seiner tatsächlichen Lage detektiert, wirkt sich dieser Fehler mit jedem weiteren Tag der Wetterprognose verstärkt aus, die Prognose wird unsicherer.

Neben der ZAMG gibt es noch das Flugwetter der Luftfahrtbehörde Austro Control, den Wetterdienst des Bundesheeres, die Wetterredaktion des ORF und Private.

Die ZAMG beschäftigt österreichweit rund 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

 

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