Salzburger Sport in der NS-Zeit

10.05.2016

Buwi Bradl Trainingskurs (c) Privatarchiv Peter Radacher
Buwi Bradl Trainingskurs

Das Land Salzburg setzt sich als erstes Bundesland Österreichs mit der Geschichte des Sports in der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft auseinander. Unter Projektleitung der Landessportorganisation (LSO) werden in Zusammenarbeit mit dem Interfakultären Fachbereich Sport- und Bewegungswissenschaft am Universitätssport-Institut sowie dem Salzburger Landesarchiv in einem interdisziplinären Forschungsprojekt die sportlichen Handlungsfelder und Alltagspraxen im Nationalsozialismus untersucht.

Das Hauptaugenmerk des Projekts liegt auf einer möglichst umfassenden Darstellung der Alltags- und Sozialgeschichte des Sports während der Zeit der nationalsozialistischen Herrschaft in Salzburg. Das Projekt bezieht aber auch die Vorgeschichte mit ein, ebenso das Weiterwirken der NS-Ideologie in der Nachkriegszeit.

Untersucht wird auch die Einflussnahme der NS-Diktatur auf den Salzburger Sport und wie dieser für die verbrecherischen Ziele des NS-Regimes instrumentalisiert wurde. Gleichzeitig wird jedoch auch die Rolle der Sportlerinnen und Sportler kritisch durchleuchtet. Thematisiert werden zudem die Bemühungen zur Entnazifizierung des Sports und seiner Funktionärinnen und Funktionäre nach 1945.

Landesarchiv-Direktor Oskar Dohle: "Die Erforschung der Sportgeschichte in Österreich weist bis heute große Defizite auf. Eine wissenschaftliche Aufarbeitung des soziokulturellen Phänomens Sport allgemein, abgesehen von der Darstellung einzelner Sportarten, im Kontext des Nationalsozialismus auf breiter Basis hat bis dato weitgehend nicht stattgefunden. Salzburg kommt hier eine Vorreiterrolle zu."

 

Sport unter staatlicher Kontrolle

Mit dem Verbot des Arbeitersports ab 1934 und der Schaffung einer staatlichen Einheitsbehörde, der "Österreichischen Turn- und Sportfront", sollte der Sport weitgehend unter staatliche Kontrolle gestellt werden. Nach dem Anschluss Österreichs an Deutschland 1938 wurden die Sportvereine zwangsweise in den "NS-Reichsbund für Leibesübungen" eingegliedert und nach dem Führerprinzip der Partei unterstellt. Das Sportkonzept der Nationalsozialisten zielte bewusst auf die Ertüchtigung der Masse ab. Es entstanden Organisationen wie die Hitlerjugend und der Bund Deutscher Mädel. Diese Gemeinschaften, in denen die sportliche Betätigung und der Wettkampf eine wichtige Rolle einnahmen, wurden mitunter von international anerkannten und erfolgreichen Sportlerinnen und Sportlern angeführt und trainiert. Auch in Salzburg gab es nationalsozialistisch aktive Spitzensportler.

"Ein Teil von ihnen betätigte sich bereits vor 1938 für den Nationalsozialismus und biederte sich den neuen Machthabern an. Das vorherrschende politische Klima in alpinen Vereinen oder den deutschen Turnvereinen erleichterte das Hineinwachsen in die NS-Ideologie", schilderte Andreas Praher, Historiker an der Universität Salzburg und Mitglied im Leitungsteam des Projekts.

Ablenkung von Krieg und Vernichtung

Sogenannte Volksskitage und Volksläufe bestimmten auch in Salzburg den alljährlichen Sportkalender, täuschten Normalität vor und lenkten von Krieg und Vernichtung ab. "Als der zweite Weltkrieg begann, lösten sich teilweise Teams auf, taten sich zu Spielgemeinschaften zusammen, reichsweite Wettbewerbe wurden abgesagt und Soldaten-Mannschaften betraten das Spielfeld", so Walter Pfaller, Leiter des Landessportbüros.

Nach Ende des Zweiten Krieges kam der organisierte Sport schnell wieder in Schwung. Oftmals waren es nationalsozialistische Trainer und Sportlerinnen und Sportler, die den Sport in Österreich wieder aufleben ließen und die NS-Ideologie teilweise weiterbestehen ließen. Auch dieser Nachkriegs-Phase geht das Dokumentationsprojekt "Sport in der NS-Zeit" nach.

Die Ergebnisse des Projekts werden im Herbst 2017 in Form einer Publikation präsentiert.

Bildnachweis: Sepp Bradl bei einem Trainingskurs der reichsdeutschen Nationalmannschaft am Hochkönig 1940 - Privatarchiv Peter Radacher

 

 

 

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