Salzburgring: Die Ergebnisse der Bürgerbefragung sind da
02.03.2023
Der Salzburgring hat sich gewandelt. Aus einer reinen Rennstrecke für den Motorsport wurde in den vergangenen Jahren eine öffentlich zugängliche Multifunktions-Arena mit Festivals wie dem Electric Love, Innovationsmessen zur E-Mobilität und Events für Familien jenseits der „Verbrenner-Welt“. Der Salzburgring wird also neu genutzt – und die Verantwortlichen des Internationalen Gemeinnützigen Motorsportvereins Salzburgring, kurz IGMS, wollten von der Bevölkerung wissen, ob und wie der Salzburgring wahrgenommen wird.
Die Antwort auf den Punkt gebracht: Durchaus positiv, aber es gibt Nachholbedarf bei Information und Kommunikation. In diesem Sinn wollen die Betreiber den Salzburgring weiterentwickeln und neue Wege mit Schwerpunkt Gewinnung von erneuerbarer Energie und E-Mobilität gehen, hieß es dazu heute, Donnerstag, bei der Präsentation der erstmals in dieser Form durchgeführten, großen Bürgerbefragung zum Salzburgring.
2.500 Menschen haben den Online-Fragebogen zum Salzburgring im Dezember 2022 und Jänner 2023 vollständig ausgefüllt. Die umfassenden Daten wurden vom Salzburger Büro „raumsinn“ – spezialisiert auf Beteiligung von Bürgerinnen und Bürgern bei Regional- und Quartiersentwicklungen - ausgewertet und analysiert. Der Focus der Befragung lag auf den direkten Anrainergemeinden zum Salzburgring: Koppl, Hof und Plainfeld.
In diesen drei Flachgauer Gemeinden wohnen rund 8.500 Menschen, einige in unmittelbarer Nähe zum Salzburgring. In Koppl, Hof und Plainfeld wurde von der IGMS auch über Einschaltungen in Gemeindezeitungen und eine Postwurfsendung an jeden Haushalt auf die große Bürgerbefragung hingewiesen, ansonsten wurde die Befragung über social media Kanäle und den Internetauftritt des Salzburgrings beworben
Hohe Beteiligung, große Bekanntheit und starke Nutzung
Aufgrund der Postwurfsendungen und wohl auch der allgemeinen Betroffenheit war die Beteiligung in den unmittelbaren Anrainergemeinden Koppl, Hof und Plainfeld besonders hoch. Rund 27% der ausgefüllten Online-Fragebögen (oder 673 in absoluten Zahlen) kamen aus diesen Gemeinden. Allein aus Koppl wurden 378 (oder 15%) gültige und vollständig ausgefüllte Fragebögen gezählt. In Hof waren es in absoluten Zahlen 175 und im – einwohnermäßig kleinsten – Plainfeld war es der sehr hohe Wert von 120 vollständig ausgefüllten Online-Fragebögen.
Überwiegend beteiligten sich Menschen aus Privathaushalten (76%) an der Befragung. Männer (83%) und die Altersgruppe der 40 – 65jährigen (50%) stechen mit der höchsten Teilnahme hervor. Der Salzburgring ist mehr als 90% der Befragten seit Jahren bekannt, der Großteil der Befragten (86%) hat den Salzburgring in den vergangenen Jahren besucht oder genutzt - ob zum Festivalbesuch oder für Sportzwecke.
Mit 35% der Befragten nutzen die meisten Menschen den Salzburgring zum Besuch einer Veranstaltung. Wer einen „Motorsportbezug“ hat, würde in Zukunft den Salzburgring mehrheitlich für eigenes Fahren und Fahrtraining (40%) nutzen wollen. Bei der Nutzung ohne „Motorsportbezug“ liegt Radfahren vor allgemeinen Sportaktivitäten und Events (Konzerte).
Allgemein hohe und höchste Zustimmung – differenziertes Bild bei Nachbarn
84% aller Befragten nehmen den Salzburgring sehr positiv/positiv wahr! Stellen dem Salzburgring also ein sehr gutes/gutes Zeugnis aus! Nur 7% aller Befragten sind sehr negativ/negativ eingestellt.
In den Anrainergemeinden Koppl, Hof und Plainfeld sehen 474 von 673 Befragten – etwas weniger als die Grundgesamtheit - den Salzburgring sehr positiv/positiv. Das sind immerhin rund 70%.
In Koppl haben 251 Befragte (von gesamt 378) dem Ring ein sehr gutes/gutes Zeugnis ausgestellt, 49 Befragte nehmen den Salzburgring sehr negativ und weitere 39 negativ wahr. In Koppl sind also 67% der Befragten sehr positiv/positiv und 23% sehr negativ/negativ eingestellt.
Das ist für die Betreiber logisch, denn in den drei Anrainergemeinden leben 77% der Befragten in Hörweite und 15% der Befragten können den Salzburgring hören und sehen. In der Region sind es hingegen 60% der Befragten, die den Ring weder hören noch sehen können. Je näher man am Ring lebt, desto höher ist die Betroffenheit und Aufmerksamkeit.
Befragung bestätigt: Der Salzburgring ist wichtiger Wirtschaftsfaktor
90% der Befragten sehen den Salzburgring als wichtigen regionalen und 85% als überregionalen Wirtschaftsfaktor. In den (kritischeren) Anrainergemeinden sagen immerhin 82% der Befragten, dass der Salzburgring ein wichtiger regionaler Faktor ist. In Koppl sind dies 298 Befragte von 378 (rund 79%). Vom Salzburgring profitieren Veranstalter, Dienstleister wie Mechaniker, Caterer, Baufirmen, aber auch örtliche Vereine und Tourismus- bzw. Gastronomiebetriebe. Aber nicht nur Firmen profitieren vom Salzburgring, das Electric Love Festival ist auch für Kurzzeit-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter interessant geworden.
Veränderungen in den vergangenen Jahren sind (noch) nicht voll angekommen
Auf Wunsch des Anrainerbeirates werden seit 2021 vom Land Salzburg im Nahbereich des Salzburgrings in der Koppler Wiesstraße unabhängige Lärmmessungen durchgeführt. Aktuelle Messdaten aus dem „Nesselgraben“ sind im Internet jederzeit unter der Adresse https://www.salzburg.gv.at/themen/umwelt/laerm/salzburg-ring abrufbar. Es stehen Tages- und Jahresauswertungen zur Verfügung.
2022 wurde an 224 Betriebstagen der Lärm gemessen. Die Werte sind im Vergleich zum Jahr 2021 ähnlich. In der Kategorie A – Rennfahrzeuge an Trainings- und Renntagen - wurde an 25 Betriebstagen ein mittlerer Schallpegel von tagsüber 71,7 Dezibel gemessen. Leiser war es an 54 Betriebstagen der Kategorie B (zugelassene/zulassungsfähige Fahrzeuge) mit einem mittleren Schallpegel von 66,5 dB bzw. an 117 Betriebstagen der Kategorie C mit 56,7 dB. In diese Kategorie fallen z. B. die BMW Driving Experience und ähnlich lärmarme Fahrsicherheitstrainings von Privaten und Behörden, z. B. der Polizei, sowie Firmenpräsentationen. „Lauter“ ist es an 3 Betriebstagen am Ring, wenn das Electric Love Festival zu Gast ist – der mittlere Schallpegel am Tag liegt bei 72,5 dB und in der Nacht bei 78,6 dB.
Die Salzburgring-Betreiber wollen heuer die Werte reduzieren. Denn: Der Salzburgring hat schon seit längerem den Fahrbetrieb – ob Motorsport, Tests oder Fahrtrainings – an Sonn- und Feiertagen massiv reduziert bzw. nahezu eingestellt. Von April bis Oktober 2022 gab es 25 motorsportfreie Sonn- und Feiertage auf dem Ring, doppelt so viele wie noch 2018! Heuer wird sich dieser positive Trend fortsetzen.
Trotzdem ist die Zahl jener Befragten, die in den letzten Jahren Veränderungen wahrgenommen haben, in etwa gleich groß wie jene, die keine Veränderungen wahrgenommen haben. In den drei Anrainergemeinden ist das grosso modo ähnlich. 46% aller Befragten sagen, sie haben dabei nichts von einer Reduktion „fahraktiver Veranstaltungen“ mitbekommen. Und: 45% wissen nicht, dass es eine Lärmmess- Stelle gibt. Daher besteht ein Nachholbedarf bei der Kommunikation: Für 50% ist sie ausreichend, aber 30% sind unzufrieden mit dem Info-Angebot! Die meisten Befragten wollen mehr Infos über social media und elektronische Kanäle bekommen.
Verkehrsplaner Penetzdorfer: Weiterentwicklung zum Salzburgring 4.0
Der bekannte Salzburger Verkehrsplaner und ehemalige ÖBB-Manager Dr. Günther Penetzdorfer bringt es auf den Punkt: „Der Salzburgring stellt sich den Herausforderungen der Zukunft. Die Energie- und Mobilitätswende sind alternativlos. Visonär sind die Pläne für eine neue Erreichbarkeit des Salzburgrings mit öffentlichen, kleinen und autonom fahrenden Verkehrsmitteln on demand, also je nach Bedarf. Dazu wurde als nächste Stufe ein 5G-Netz am Salzburgring eingerichtet. Damit kann bereits jetzt autonomes Fahren getestet und erforscht werden.“
Was noch kommen soll: In punkto Energiewende plant der Salzburgring eine große Photovoltaik-Anlage, die den Ring und seine Nutzerinnen und Nutzer künftig mit Energie selbst versorgen kann. Darüber hinaus wird die überschüssige saubere Energie der Region zur Verfügung stehen und das Stromnetz stabilisieren helfen. Bezüglich Mobilitätswende geht die Weiterentwicklung des Salzburgrings hin zu einem noch stärker als bisher genutzten Testgelände für E-Fahrzeuge mit Energie aus Batterien, Wasserstoff und e-Fuel.
„Der Salzburgring hat in den letzten Jahren Anstrengungen unternommen, um den CO2-Ausstoß während der Rennen zu reduzieren. Die Rennstrecke setzt auf erneuerbare Energien wie Solarenergie, um ihren Energiebedarf zu decken und hat auch Maßnahmen ergriffen, um den Wasserverbrauch und die Abfallproduktion zu reduzieren“, urteilt Verkehrsplaner Penetzdorfer. Es wurde zudem begonnen, die Ausleuchtung des Salzburgringes mit einer neuesten insektenschützenden Beleuchtungsanlage auszustatten.
Außerdem wurden eine Reihe von Ladestationen für Elektrofahrzeuge errichtet, unter anderem 7 HPC-Ladestellen (High-Power Charging) mit einer Leistung von 150 kW einschließlich Schnellladestationen und weiteren AC-Ladestationen. Auch E-Bike- Ladestellen sind heute bereits eine Selbstverständlichkeit. Diese Ladestationen können nicht nur von Kundinnen und Kunden des Rings, sondern auch der Öffentlichkeit genutzt werden, um Elektrofahrzeuge aufzuladen.
Der Salzburgring hat also als Testgelände für die Entwicklung mit regenerativen angetriebenen Fahrzeugen ein großes Potenzial für Elektromobilität mit Batterietechnik, Elektromobilität mit Wasserstofftechnik und Mobilität mit e-Fuel Technik. „Der Salzburgring vereint alle Vorrausetzungen für ein Modellprojekt, um innovative Technologien und Geschäftsmodelle zu entwickeln“, meint der renommierte Salzburger Verkehrsplaner abschließend.
Präsident Dr. Friedrich Lehensteiner (IGMS) : „Wir wissen, wo wir herkommen, aber auch, wohin wir gehen wollen. Der Salzburgring ist ein Unternehmen, aber immer unter der Prämisse der Verantwortung für Umwelt, Nachbarn und Eigentümer. Die Zukunft liegt für mich klar in der Energie- und Mobilitätswende. Als Präsident habe ich gemeinsam mit meinem Team den Change-Prozess für den Salzburgring eingeleitet. Die neuen Wege wollen wir gemeinsam mit den Nutzerinnen, aber auch mit unseren Nachbarn – in nah und fern – gehen.“
Geschäftsführer Ernst Penninger (IGMS): „Der Salzburgring ist ein Rennkurs im Wandel der Zeit. Aus den unterschiedlichsten Gründen. Wir wollen unseren Kundinnen und Kunden, aber auch den Anrainerinnen und Anrainern zeigen, dass wir die Zeichen der Zeit verstanden haben und neue Potenziale für den Betrieb, für die Umwelt und letztlich auch die Wirtschaft in der Region heben. Wichtig ist mir, dass wir Information und Kommunikation neu aufsetzen. Das ist ein klarer Auftrag, den wir aus dieser Bürgerbefragung ableiten.“
Bürgermeister Rupert Reischl (Koppl): „Die Gemeinden wollten wissen, wie die Menschen über den Ring denken. Mit den Ergebnissen dieser Bürgerbefragung müssen wir arbeiten. Der Salzburgring ist bekanntlich auf Anregung des Landes in einer zweijährigen „Überprüfungsphase“ hinsichtlich der Lärm-Emissionen. Nach Ende dieser „Überprüfungsphase“ Ende 2023 ist zu prüfen, ob und wie der Bescheid zur Genehmigung der Veranstaltungsstätte Salzburgring aus dem Jahr 1994 durch die IGMS im Sinne des Anrainer- und Lärmschutzes abgeändert werden kann.“
Im Bild von links nach rechts: Geschäftsführer Ernst Penninger (IGMS), Präsident Friedrich Lehensteiner (IGMS) und Koppls Bürgermeister Rupert Reischl | Foto: Leo/Neumayr/IGMS