Die Geschichte vom bösen Wolf im SalzburgerLand

15.12.2020

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Wolf entkommt der Todesstrafe

Kasperl und Krokodil – das war einmal. Kasperltheater um den Wolf, das ist die Gegenwart von Politik, Tierschützern und Landesverwaltungsgericht. Erst wurde der "Problemwolf" per Bescheid der Behörde zum Abschuss frei gegeben. Jetzt ist offenbar Weihnachtsamnestie angesagt. Das Landesverwaltungsgericht sorgt unerwartet für ein tierisches happy end: Der böse Wolf darf nun plötzlich doch wieder nicht abgeknallt werden.

Ein ganz ein Böser soll er sein, der Vierbeiner auf der Tofernalm im Großarltal. Seit dem Sommer 2019 soll er 24 Schafe, drei Rinder und weitere ungezählte Nutztiere auf dem Gewissen haben. Na Prost und Mahlzeit kann man da nur sagen! Politik und Bauernschaft waren sich daraufhin schnell einig und wollten den Wolf abknallen lassen. In der aktuellen Presseaussendung der Landes ist das freilich merkbar feiner formuliert:

„Das Tier wurde daher auf Basis des Salzburger Wolfsmanagementplans als Problemwolf eingestuft, die Agrargemeinschaft stellte den Antrag auf Entnahme.“

Eiertanz um den Wolfspelz quasi: Das Landesverwaltungsgericht hat nun festgestellt, dass den Antrag auf „Entnahme“ - das Abknallen des Tieres also - der Jagdinhaber, nicht die Agrargemeinschaft stellen hätte sollen. Die Behörde hätte dann einen jagdbehördlichen Auftrag erteilen müssen. Theorie, denn der Bescheid wäre ohnehin nur bis 31. Dezember gültig gewesen, und: „Der Wolf ist vermutlich schon über alle Berge“, so der Wolfsbeauftragte des Landes, Hubert Stock und fügt hinzu: „ Die DNA des Problemwolfes vom Großarltal ist im Frühling 2020 zuletzt am Gerlos festgestellt worden, mehr als 100 Kilometer entfernt“.

Die Beschwerde der Naturschutzorganisationen WWF Österreich und Naturschutzbund Österreich gegen den Bescheid zum Abschuss eines Wolfs haben jetzt also den Bescheid zu Fall gebracht und nicht das Tier.

 

„Damit bestätigt das Landesverwaltungsgericht den hohen europaweiten Schutzstatus der Wölfe“, sagen WWF-Wolfsexperte Christian Pichler und Lucas Ende vom Naturschutzbund. Die beiden Fachleute fordern eine Herdenschutz-Offensive der Salzburger Landesregierung, um auf die nächste Almsaison rechtzeitig vorbereitet zu sein: „Die Entscheidung des Gerichts ist ein Weckruf für die Politik. Fachgerechter Herdenschutz ist und bleibt alternativlos. Österreichs Nachbarländer wie die Schweiz zeigen seit Jahren, wie ein möglichst konfliktarmes Zusammenleben gelingen kann. Daher muss auch Salzburg nachziehen, anstatt wirkungslose Abschussdebatten zu führen.

Bevor ein Wolfsabschuss zulässig ist, schreibt europäisches Recht den Einsatz gelinderer Mittel wie Herdenschutzmaßnahmen vor. Der ursprüngliche Abschussbescheid blieb jedoch den Nachweis schuldig, warum Herdenschutz keine Alternative sei und behauptete nur, dass dies wirtschaftlich unmöglich sei.

„Die Europäische Union hat den Weg für eine 100-prozentige Förderung von Schutzmaßnahmen längst freigemacht. Dass das Land Salzburg von dieser Möglichkeit kaum Gebrauch macht und Herdenschutz in der betroffenen Region bisher unversucht blieb, rechtfertigt keine Ausnahme vom strengen Schutz der Wölfe“, betont Christian Pichler. Lucas Ende ergänzt: „Wölfe können nicht zwischen erlaubter Beute wie Wildtieren und verbotener Beute wie Nutztieren unterscheiden, solange sie nicht durch Zäune oder Hunde abgeschreckt werden. Keines der gerissenen Tiere im Großarltal war entsprechend der Mindestanforderungen geschützt. Ein Abschuss ist somit nicht gerechtfertigt gewesen und würde auch künftig keine Sicherheit für Weidetiere bringen.“

WWF und Naturschutzbund fordern das Vorantreiben von Herdenschutzmaßnahmen: „Damit wäre der Almwirtschaft am meisten geholfen. Auch wenn der betreffende Wolf längst weitergezogen ist, bleiben ungeschützte Nutztiere eine leichte Beute für den nächsten. Der Einsatz von Elektrozäunen, Herdenschutzhunden sowie Hirtinnen und Hirten muss viel stärker unterstützt werden, will man die betroffene Landwirtschaft nicht weiter im Regen stehen lassen“, appellieren Lucas Ende und Christian Pichler.

Wölfe bereichern nicht nur die Artenvielfalt, sondern haben auch einen großen Mehrwert für Ökosysteme. Als „Gesundheitspolizei des Waldes“ halten sie den Wildbestand in guter Kondition. Denn Wölfe erbeuten vor allem kranke oder schwache Tiere und können damit die Ausbreitung von Krankheiten eindämmen oder sogar verhindern. Außerdem hinterlassen sie wichtige Nahrungsreste für andere Schlüsselarten wie Adler. Fehlen diese Interaktionen, wirkt sich das negativ auf die Zusammenhänge in der Natur und damit auch auf den Menschen aus.

 

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