Tempo-30-Zonen im Ortsgebiet: 72 Prozent der Pkw in Tempo-30-Zonen zu schnell

08.11.2023

Geschwindigkeitsbeschränkung (c) maic
30iger oft ignoriert

Millionen Geschwindigkeitsmessungen werden jährlich vom Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV) – neben den offiziellen Kontrollen der Exekutive – mittels Seitenradargeräten durchgeführt. Nicht um zu strafen, sondern um Erkenntnisse für die Prävention zu gewinnen. Dabei zeigt sich, dass die Fahrdisziplin seit 1984 durchaus gestiegen ist, auch wenn es speziell in Tempo-30-Zonen noch etliches Verbesserungspotenzial gibt. Das KFV gibt nun Einblick in diese Daten und erklärt, welche Schritte zur weiteren Erhöhung der Verkehrssicherheit notwendig sind. 

Von den dezenten Boxen am Straßenrand nimmt im Alltag vermutlich kaum jemand Notiz. Und dennoch haben diese kleinen Seitenradargeräte des Kuratoriums für Verkehrssicherheit (KFV) allein im Jahr 2022 insgesamt rund 23 Millionen Geschwindigkeitsmessungen an 230 Messstellen in ganz Österreich durchgeführt. Primär im Ortsgebiet und auf herkömmlichen Freilandstraßen. Zugleich ereignen sich im Ortsgebiet und auf herkömmlichen Freilandstraßen aber auch die mit Abstand meisten Verkehrsunfälle. 

Fahrdisziplin hat sich seit 1984 sukzessive verbessert

Seitens der Bundespolizei wurden im Vergleich dazu im Jahr 2022 in Österreich 6,12 Millionen Geschwindigkeitsüberschreitungen angezeigt bzw. als Organstrafverfügungen geahndet. Das ist ein neuer Rekord. Aber lag das primär daran, dass mehr Personen zu schnell gefahren sind oder wurde einfach mehr kontrolliert? Die Geschwindigkeitsmessungen des KFV legen jedenfalls nahe, dass sich die Verkehrsdisziplin in der Bevölkerung im Laufe der Zeit durchaus verbessert hat. „Seit Beginn unserer Erhebungen im Jahr 1984 ist die Anzahl der freifahrenden Pkw, die die jeweiligen Tempolimits von 30 km/h, 50 km/h und 70 km/h überschreiten, zwar langsam, aber stetig gesunken“, konstatiert Dipl.-Ing. Klaus Robatsch, Leiter des Bereichs Verkehrssicherheit im Kuratorium für Verkehrssicherheit (KFV).

KFV fordert Regelumkehr beim Tempolimit im Ortsgebiet

Im Jahr 2021 war „nichtangepasste Geschwindigkeit“ noch die Nummer Eins unter den Hauptunfallursachen bei tödlichen Verkehrsunfällen. Im Jahr 2022 wurde diese Unfallursache an der Spitze des Rankings aber wieder von „Unachtsamkeit und Ablenkung“ (26 Prozent aller tödlichen Unfälle) abgelöst, auf „nichtangepasste Geschwindigkeit“ entfielen 23 Prozent. Zugleich ereigneten sich 2022 rund 65 Prozent aller Verkehrsunfälle mit Toten oder Verletzten im Ortsgebiet, 5 Prozent auf Autobahnen und 30 Prozent auf sonstigen Freilandstraßen.

„Eine sehr effektive Maßnahme zur Reduktion der Unfallrisiken wäre aus Sicht des KFV eine Regelumkehr im Ortsgebiet. Das bedeutet: 30 km/h als generelles Tempolimit im Ortsgebiet und nur, wenn es die Verkehrssicherheit zulässt, kann die zulässige Höchstgeschwindigkeit von den zuständigen Behörden auf 50 km/h erhöht werden“, fordert Dipl.-Ing. Robatsch, denn durch diese Maßnahme könnte die Verkehrssicherheit spürbar verbessert werden. Eine weitere Forderung des KFV ist die Aufnahme von Geschwindigkeitsüberschreitungen in das Vormerksystem. Überdies sollte der Führerschein bereits bei geringeren Geschwindigkeitsüberschreitungen als bisher entzogen werden – derzeit ist das im Ortsgebiet erst dann der Fall, wenn man um 40 km/h zu schnell fährt. In Tempo-30-Zonen wird der Führerschein also derzeit erst ab 70 km/h entzogen.

Pkw fuhr 159 km/h in einer 30er-Zone

Um strengere Kontrollen wird man aber auch in Zukunft nicht herumkommen, denn wie die KFV-Messungen 2022 zeigen, sind trotz positiver Tendenz nach wie vor zahlreiche Verkehrsrowdys auf Österreichs Straßen unterwegs. Im Ortsgebiet sind 72 Prozent der freifahrenden Pkw in einer Tempo-30-Zone mehr als die erlaubten 30 km/h gefahren. 0,1 Prozent von rund 1,5 Millionen gemessenen freifahrenden Pkw in der Tempo-30-Zone waren sogar mit mehr als 70 km/h unterwegs – in absoluten Zahlen sind das fast 1.500 Pkw. Spitzengeschwindigkeit unter den freifahrenden Pkw waren 159 km/h in der 30er-Zone. Freifahrende Fahrzeuge sind für die Beobachtung der Fahrdisziplin deshalb so interessant, weil diese nicht durch ein Vorderfahrzeug eingebremst wurden, sondern die Wahl der Geschwindigkeit ganz bei ihnen lag.

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