Journalisten kritisieren Vorratsdatenspeicherung

20.04.2011

Österreichs führende Journalistenvereinigung (ÖJC) warnt vor der neuen Vorratsdatenspeicherung. Jahrelang wurde in Österreich verhandelt, alle betroffenen Berufsvereinigungen wie Notare, Rechtsanwälte, Ärzte und Journalisten waren sich einig, eine Vorratsdatenspeicherung darf die Arbeit von sensiblen Berufsgruppen nicht aushöhlen

Während in mehreren europäischen Ländern, wie zum Beispiel in Deutschland, Tschechien oder Rumänien die Verfassungsgerichtshöfe die nationale Umsetzung der EU-Vorratsdatenspeicherungsrichtlinie kippten und sogar ein Land wie Deutschland lieber "Ärger mit Brüssel" bewusst in Kauf nimmt, steht in Österreich die umstrittene Gesetzesänderung kurz vor der parlamentarischen Abstimmung.

Der Österreichische Journalisten Club (ÖJC) kritisiert seit Jahren die Vorratsdatenspeicherung als Angriff auf das Redaktionsgeheimnis und damit als einen weiteren Beitrag zur Abschaffung der Pressefreiheit.

Es kann als Teilerfolg des ÖJC gewertet werden, dass in der nun vorliegenden Regierungsvorlage zum Telekommunikationsgesetz der Begriff "Redaktionsgeheimnis" zumindest als Wort vorkommt. "Doch für ein Feigenblatt in einem Gesetz hat der ÖJC nicht gekämpft", sagt ÖJC-Präsident Fred Turnheim am Dienstag in einer Aussendung. Denn, nach wie vor sollen Vorratsdaten ohne Ausnahme gespeichert und den Behörden zugänglich gemacht werden.

Der neu zugefügte Absatz 5 im § 93 TKG meint lapidar, dass das Redaktionsgeheimnis nach § 31 Mediengesetz und das Umgehungsverbot gemäß § 157 StPO lediglich "zu beachten sei", wobei den Anbietern keine entsprechende Prüfpflicht trifft.

Im Klartext bedeutet das, dass Vorratsdaten von jedem Provider ohne Ausnahme gespeichert werden und im Anlassfall den Verwaltungs,- Polizei- und Justizbehörden vollständig zur Verfügung gestellt werden müssen.

Wie nun von den Behörden das Redaktionsgeheimnis samt Umgehungsverbot "zu beachten sei", die die Vorratsdaten von den Telekommunikationsanbietern ohne deren Prüfung erhalten, ist beim besten Willen nicht aus dem Gesetz zu entnehmen. Hier entsteht eine juristische Grauzone, die das Redaktionsgeheimnis und damit die Grund- und Freiheitsrechte gefährdet.

Es ist offensichtlich, dass die von den Telekommunikationsdienstanbietern generierten Datensätze, die unter das Redaktionsgeheimnis fallen würden (wie z.B. Rufnummern von Informanten, SMS von Tippgebern, E-Mails von Insidern), kein Mascherl im Vorratsdatensatz bekommen und die Behörden - ohne Rückfrage beim Journalisten - wohl kaum erahnen wird können, welcher Datensatz nun unter das Redaktionsgeheimnis fällt und somit aus dem Computer der Behörde als auch im Kopf der ermittelnden Beamten für immer zu löschen sei.

Der ÖJC, als Österreichs größte Journalistenvereinigung, lehnt nach wie vor die kategorische Präventiv-Vorratsdatenspeicherung ohne Speicherausnahme für Journalisten schlichtweg ab und sieht in dem Alibiparagraphen 93 Abs. 5 TKG eine reine Farce und Pflanz.

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